Der Lauf der Dinge
Fr., 30. Sept.
|KUNSTHALLE / Dessau
Die KUNSTHALLE / Dessau zeigt “Der Lauf der Dinge” mit: Emmanuel Bornstein / Michelle Jezierski / Beatriz Morales und Shinoh Nam. Kuratiert von Esenija Bannan.
Zeit & Ort
30. Sept. 2022, 18:00 – 12. Nov. 2022, 17:00
KUNSTHALLE / Dessau, Ratsgasse, 06844 Dessau-Roßlau, Deutschland
Über die Ausstellung
Die Gruppenausstellung “DER LAUF DER DINGE” ist weit mehr als eine Fortsetzung des Kurses mit dem gleichen Titel, den die Professorin Katrin Günther im vergangenen Jahr am Fachbereich Design an der Hochschule Anhalt initiierte – es ist eine “Kettenreaktion”, die in der seit Neustem eröffneten Kunsthalle in Dessau präsentiert wird. In ihrem Seminar ermutigte Günther die Studierenden, die Möglichkeiten des künstlerischen Schaffens mit verschiedenen Medien zu erkunden. Die Studierenden teilten sich unabhängig voneinander in drei Gruppen auf, kreierten Kostüme, Sound- und Musikkompositionen, wählten Orte in der Stadt und entwickelten an diesen verschiedenen Stationen in Dessau ihre Performances. Keine der Gruppen teilte ihre Ideen mit der anderen. Dieses zweckfreie künstlerische Spiel kam erst als Ganzes zusammen, als die Filme gedreht wurden. Im finalen Clip wurde sichtbar, wie die Dinge entstehen, wenn man dem kreativen Geist seinen freien Lauf lässt.
Der Titel ist inspiriert vom 16-mm-Kunstfilm Der Lauf der Dinge, den das Schweizer Künstlerduo Peter Fischli und David Weiss im Jahr 1987 schuf. Der Film wurde auf der documenta 8 in Kassel hochgelobt und befindet sich heute in der Sammlung des Museum of Modern Art (MoMA) in New York. Der Film zeigt Alltagsgegenstände, die im Raum positioniert und durch eine Reihe von Kettenreaktionen zum Leben erweckt wurden. Die Zuschauerinnen werden durch den gesamten Prozess der Unvorhersehbarkeit und des Zufalls geführt. Von dieser Idee getragen wurden vier internationale Künstlerinnen eingeladen in der Kunsthalle auszustellen, Jede/r von ihnen arbeitet mit verschiedenen Medien und Gedankenprozessen. Keine/r der Künstlerinnen wird die Werke vor der Ausstellungseröffnung zeigen oder Gedanken dazu mit einander teilen. Die Inspirationsquelle ist der Titel und der Kunstfilm von Fischli und Weiss. Die Kuratorin beriet und begleitete jede/n Künstler*in individuell, was die Werkauswahl und die Position einzelner Objekte im Raum betrifft. Erst in der Zeit des Ausstellungsaufbaus wird dieses Kunstereignis deutlich.
Dieser künstlerische Kreis besteht aus dem französischen Maler Emmanuel Bornstein (*1986), der mit seinen Themen und farbenprächtigen Portrait- und Figurenbildern in die Geschichte eintauchen und uns in unserer Gegenwart berühren lässt und gleichzeitig über unsere Zukunft erneut zum Nachdenken bringt. In der Ausstellung zeigt der Künstler fünf Gemälde in verschiedenen Formaten aus seinen drei Serien, die oft literarische Bezüge insbesondere zum Schriftsteller Franz Kafka aufweisen.
Die US-amerikanische Künstlerin Michelle Jezierski (*1981) beschäftigt sich in ihren lichtdurchfluteten Landschaftskompositionen mit räumlichen Bezügen und verändert mit ihren großen Wandinstallation den Raum selbst.
Die Arbeiten der mexikanischen Künstlerin Beatriz Morales (*1981) hängen im Raum wie riesige Felle mystischer Fabelwesen. Ihre Textilarbeiten sind aus einem überraschenden Material: Kaktusfasern. Morales beschäftigt sich in einem breiten Spektrum von Techniken, vor allem durch abstraktexpressionistischer Farbfeldmalerei und Textilkunst-Elementen mit der Frage von Identität und deren vielen Ebenen. Als in Berlin lebende Mexikanerin mit libanesischen Wurzeln, leuchtet sie in ihrem Schaffen Aspekte der multinationalen Vielschichtigkeit aus, und verstärkt die identitätssuchende Perspektive durch ein stetes Kontrastieren von urbanen und naturbezogenen Einflüssen.
Der koreanische Künstler Shinoh Nam (1993) zeichnet, baut, erforscht mit verschiedenen Materialien und überträgt seine Ideen aufs Papier, in die Skizzenbücher und Collagen, mehr noch in seine undefinierbaren Skulpturen, die überwiegend aus poliertem Stahl und Industrielack sind. Nams Arbeit kombiniert Elemente einer imaginären Architektur, die nur mit Fragmenten eines symbolischen Gebäudes, existiert. Was diese Künstlerinnen verbindet, ist die Freude daran, zu experimentieren und zugleich sich einer – in der Geschichte – so wichtigen Stadt Dessau anzunähern. Ein ebenso wichtiger Beitrag ist die Zusammenarbeit mit den Studierenden der Hochschule Anhalt, die im Rahmen eines Sommersemesters den Kurs Kuratorische Praxis und Ausstellungsdesign, den Esenija Bannan -die Kuratorin der Ausstellung- unterrichtete, belegten und in den Vorbereitungsprozess mit einbezogen wurden. Ein Teil dieses kreativen Prozesses wird die Gestaltung des Ausstellungsplakats sein. Eins von den Plakatentwürfen wird von den Künstlern ausgewählt und anschließend gemeinsam mit den Studierenden finalisiert und in der Stadt Dessau und ihrer Umgebung ausgehängt. Die Verbindung von Kunst und Raum und die Einbindung von Studierenden sind ein wichtiger Teil der Zukunftsideen für die Kunsthalle in Dessau. Die künstlerische Gemeinschaft, die international aktiv ist und zum ersten Mal in diesem Kontext ihre Werke in Dessau präsentiert, wird in Verbindung mit den neuen Lernprozessen der Studierenden und dem Ausstellungskonzept ein Experiment und eine kreative Spielrunde zugleich.
Esenija Bannan, Kuratorin: Esenija wurde 1978 in Gazalkent, Usbekistan geboren, studierte Kunstgeschichte in Los Angeles, Kalifornien und arbeitete im J. Paul Getty Museum. Von 2017 bis 2020 war sie als Kuratorin in der Tchoban Foundation. Museum für Architekturzeichnung in Berlin tätig und arbeitet seit 2021 als freie Kuratorin in verschiedenen Museen und Kulturinstitutionen weltweit, darunter Oscar Niemeyer Museum in Curitiba, Brasilien, Saatchi Gallery in London, UK, Fundació Mies van der Rohe in Barcelona, Spanien und Tokyo Art Museum in Japan. Sie ist Kuratorin des internationalen Film- und Ausstellungsprojekts Mies Goes Future, zu dem weltweit Künstler, Architekten sowie Kunst- und Architekturhistoriker eingeladen werden, die Zukunft des Mies van der Rohe Hauses in Berlin als Institution mitzugestalten. Darüber hinaus unterrichtet Bannan Kuratorische Praxis und Ausstellungsdesign an der Anhaltischen Hochschule in Dessau und ist Herausgeberin von zahlreichen Texten und Publikationen.
Die Künstler sind zur Vernissage anwesend.
THE WAY THINGS GO
The group exhibition The Way Things Go at the Kunsthalle Dessau is -in a way- a continuation and a “chain reaction” to a course that Professor Katrin Günther taught last year at the Anhalt University of Applied Sciences, Bauhaus Campus in Dessau. In her course, she encouraged students to explore the potentials of creating art using different media. The students were divided in three groups, each group creating analog drawings, sculptural models and performance pieces; none of them sharing their ideas with the other group prior to creating a film where their ideas came together. The final result is a film depicting just The Way Things Go, when you let the creative spirit flow and don’t think about anything but art itself.
The title of the course and exhibition is inspired by the 6 mm art film The Way Things Go (German: Der Lauf der Dinge) by the Swiss artist duo Peter Fischli and David Weiss from 1987. The film was highly praised and well received at the documenta 8 in Kassel, Germany and is now in the permanent collection in the Museum of Modern Art (MoMA) in New York. The film encompasses every-day and debris objects that come to life through a series of chain reactions incorporating the space, while simultaneously guiding the viewer through the entire process of unpredictability and chance.
The four artists invited to exhibit at the Kunsthalle this fall are part of this creative approach. Each artist works individually and separately in their own media and style. None of the artists will show their works, or share thoughts and ideas about their working process with one another before the instalment of the exhibition. The curator will advise and guide each artist personally regarding the position of the works in the Kunsthalle. It is only during the time of the installation that this creative approach will become clear. This artistic circle consists of the French painter Emmanuel Bornstein (1986), whose themes and colorful images immerse us in history and at the same time make us think about our future. U.S. artist Michelle Jezierski (1981) explores spatial references in her light-filled landscape compositions. Korean artist Shinoh Nam (1993) draws, builds, explores with various materials and transfers his ideas to paper or uses them for his indefinable sculptures. The art pieces of Mexican artist Beatriz Morales (1981) contribute to an ongoing investigation of identity. Her colorful and emotive paintings created on canvas or agave fiber, natural pigments and linen on jute, reveal a piece of her homeland. What these artists have in common is the joy and freedom of experimentation and their creative approach to the history of Dessau.
An equally important contribution is the collaboration with the students of the Anhalt University of Applied Sciences, who are taking the course Curatorial Practice and Exhibition Design, taught by Esenija Bannan, during a summer semester and will be involved in the preparation of the exhibition. Part of this creative process will be the design of the exhibition poster. Connecting art and space and working with students are part of the future ideas for the Kunsthalle in Dessau.
Inviting internationally active artists to present their work in this context and in Dessau for the first time and involving students along the way, is an experiment and at the same time a unique offer for the future of the Kunsthalle.
Curator: Esenija Bannan